Eine Woche allein auf dem Segelboot

Eine Woche allein auf dem Segelboot? Meine 4 erstaunlichen Erkenntnisse vom Solo Retreat

Im Oktober war ich auf Fehmarn alleine auf einer Segeljacht und schrieb darüber. Hier nun meine Erkenntnisse.

1. Lass dich ein

Mein Wunsch, eine Zeit auf dem Boot zu verbringen, wurde mir erfüllt. Jubelnd bin ich an die Ostsee nach Fehmarn gefahren. Auch wenn es eine große Segeljacht ist, so ist es an Bord wesentlich enger als in einem Hotelzimmer. Mir wird alles erklärt, denn jeder Handgriff will bedacht werden. Nicht Wasser kochen und Handy zeitgleich im Stromnetz haben. 

Wie vorhergesehen und gewarnt, stürmt es, das Boot ruckelt, schaukelt, obwohl optimal im Hafen vertäut. Amüsiert nehme ich es als Unterstützung, eventuell aufkommende festgefahrene Situationen in meinem Leben leicht schaukelnd zu durchbrechen. 

Und auf die Natur habe ich mich eingelassen. Der Himmel ist mit dramatischen Wolkenformationen verhangen, die brausenden Wellen toben und auf meinem Weg am Strand, werde ich mal geschoben, mal stemme ich mich gegen den Wind vorwärts. Selbst bei Regen zieht‘s mich raus. 

Vielleicht kannst du dir vorstellen, wie allmählich mein fast unaufhörliches Geplapper im Kopf weniger wird. Mit der strahlenden Sonne verschwinden Stress und Sorgen immer mehr Freude und Dankbarkeit treten an die Stelle. Natur ist wirklich ein Lebenselixier. 

2. Absicht vs. Loslassen

Für diese eine Woche hatte ich mir vorgenommen, bestimmte Themen, die mich beschäftigten, zu reflektieren. Doch wie vom Winde verweht, zeigte sich etwas ganz anderes als ursprünglich beabsichtigt. Für alle Fälle hielt ich sie schriftlich fest und akzeptierte das, was angegangen werden wollte. Aber mein Verstand wollte sofort die Lösung. 

Doch die Dinge regeln sich meistens von selbst, wenn wir entspannt sind, dann tauchen plötzlich die Antworten auf, auf die wir gewartet haben und geben uns die Lösung, nach der wir gesucht haben. Um da hin zu kommen, bedarf es einiger Arbeit. Und das heißt, nach Innen gehen. Dabei halfen mir zum Glück meine eigenen Tools, meine Yogapraxis, Meditation, der Zeitraum und die Natur - kraftvoll, facettenreich, mit ihrem verlässlichen Rhythmus, immer präsent, Vertrauen erweckend und stärkend. 

3. Klarheit gewinnen

Der Abstand von meinem gewohnten Umfeld war dringend nötig. Ich konnte mich von all den Dingen und Situationen zurückziehen, die mich im täglichen Leben belasten, deren Wucht mir dadurch erst bewusst wurde. Ich funktionierte, befand mich wie im Vakuum und spürte auf einmal, wie mir der tiefere Sinn meiner Lebensaufgabe abhanden gekommen war.                                                                                                                

Stundenlang wanderte ich, schaute auf das Wasser, versank im Horizont, beobachtete die Möwen, ließ den Sand durch meine Finger rieseln, staunte über Surfer, aß irgend etwas, wenn ich Hunger hatte. Damit einhergehend, findet automatisch Reflexion statt; Filter, Bewertungen werden bewusst. Und dann dieser Moment, wenn du das Vakuum hinter dich lässt, der so befreiend wirkt und verhindernde Gedanken vernichtet. Alles ist im gegenwärtigen Moment, weder im Gestern noch im Morgen. Das hat mich demütig gemacht und dankbar. Es fühlt sich wieder verbunden an, mit den Pflanzen, den Lebewesen, den Elementen, mit mir. Das Grundbedürfnis von Freude und Leichtigkeit ist genährt, das Wesentliche ist sichtbar und klar.

4. Zusammenfassend

Es war eine intensive Woche obwohl so wenig passiert ist. Den Sinn wieder entdeckt zu haben, das zu tun, was ich wirklich will und womit ich ein echter Beitrag sein kann - beruflich und privat – ist unglaublich belebend.

In unseren Retreats verzichten die Teilnehmenden auf elektronische Geräte und auch mir blieb nichts anderes übrig, obwohl ich dachte, ich könnte ja die Zeit nutzen - aber es gab keinen Internetzugang. Das fiel mir nicht leicht.

Was ich sehr gerne gehabt hätte, wäre das Leben auch zu schmecken. Diese leichten Köstlichkeiten von unserem Koch Sam regelmäßig zubereitet, "und deine Geschmacksnerven feiern ein Fest." 

In dem Alleinsein die Stille zuzulassen führte über die tägliche Praxis, auspowern am Strand, meditieren, wie Thich Nhat Hanh sagt, „pflanze ein Lächeln“ zu langsam abnehmenden Selbstgesprächen in die Ruhe. Wertvoll war für mich der Austausch zum Ende hin mit Frauke. Bootsbauerin, eine junge wundervolle Frau, die vor Ort lebt und sich bei Bedarf um die Segeljacht kümmert. Miteinander sprechen, neue Sichtweisen mitteilen, ausprobieren, gemeinsam Ideen fließen lassen, sich erden, genau das, wofür in unseren Retreats Raum ist. Wo wir auch um das Feuer herum sitzen, einander zuhören, geschehen lassen, Unnützes abgeben und prasselnde Lebensenergie empfangen.

Ich bin gerne nach Hause gefahren, ganz langsam. Wie unsere Retreatler es immer sagen, bin auch ich in den Genuß gekommen, dass mein Umfeld mein Strahlen und meine Ruhe kommentiert hat: "Was hast du denn gemacht?" Mit einem weiten Herzen, entscheidungsfähig, kreativ, inspiriert und fokussiert  bin ich mit Begeisterung und einer größeren Wertschätzung für das Leben zurück in die äußere Welt gekommen. Leadership Growth eben. 

Danke.
Moin und herzliche Grüße, Christiane


Geschrieben und erstmals veröffentlicht am 24.November 2021

Christiane Amini, seit 1997 Gründerin von IQM-INNER QUALITY MATTERS, Trainerin und Mentorin für bewusste Führung und Persönlichkeitsentwicklung. Sie ist Rednerin, Buch Autorin, Trainerin für visionäre Führungskräfte und UnternehmerInnen. Mutter von drei erwachsenen Kindern.

Christiane hat von 1975 bis 1983 im Iran drei Epochen erlebt: Schahzeit, Revolution und Krieg. Sie ist eine erprobte Krisenmanagerin und begleitet Menschen in Veränderungsprozessen. Weil sie um die Herausforderungen des täglichen Lebens weiß, hat sie 1997 die Leadership Retreats entwickelt in denen seit 2012 jährlich in Folge Menschen in einer Woche ihre Ressourcen wieder beleben.