An die Ostsee zog es mich. Da wollte ich hin. Unbedingt. Die online Recherche für ein Domizil am Wasser ergab: alles ausgebucht bis Ende Oktober. Traurig oder hineinentspannt, bin mir unsicher, was es war. Doch das Universum liefert. Die Botschaft muss einfach klar sein.
Da kam die Einladung. "Du kannst auf dem Boot wohnen"
What?? Wie kann es noch besser sein?
Ostsee und nicht nur am Wasser sondern direkt auf dem Wasser. Universum und ich sind das perfekte Team.
Zack, die Sachen ins Auto und los. Nach gut fünf Stunden bin ich da.
Nun bin ich ganz alleine hier. Es stürmt, wie vorhergesehen, das Boot ruckelt, schaukelt, obwohl optimal vertäut. Liegt sicher.
Der Himmel ist mit dramatischen Wolkenformationen verhangen, es stürmt, ich mach mich auf zum Strand, mal werde ich geschoben, mal stemme ich mich gegen den Wind vorwärts. Ich spüre und genieße, wie mein fast unaufhörliches Geplapper im Kopf weniger wird.
Geschützt und gemütlich ist es an Bord. Ich lese in meinem Buch und trotz dicker Bettdecke, friert mich. Ich orte neue Geräusche und irgendwann schaukeln mich die Minimalbewegungen des Bootes in sanften Schlaf.
Zehn Stunden habe ich durchgeschlafen. An meinen Fingern habe ich nachgezählt, ob es stimmte. So sehr ich mich bemühe, es fehlt mir die Erinnerung an 10 Stunden durchgehenden Schlaf.
Es regnet und ich kann an Bord bleiben, ist ja alles da. Allerdings auch eine Unruhe: Ich habe kein Internet.
Die großzügige Kajüte wird mir zu eng. Ich hülle mich in die Segelmontur und das, was gestern aus meinem Kopf rausgefegt wurde, wird nun auch gleich weggewaschen.
Ich treffe den Hafenmeister und frage nach Internetzugang. "Das funktioniert doch einwandfrei", meinte er- aber das Boot liegt wahrscheinlich zu weit draußen am Steg.
Mich hat die volle Kraft der Sucht nach dem Brummen der Informationen, die über die digitalen Autobahnen rasen, erwischt.
Zwei online Coaching Termine muss ich verschieben. Es gibt keinen Raum, wo ich arbeiten könnte. Dafür habe ich den weiten Blick aufs Meer. Ich liege auf Deck mit heißem Tee und versinke im GoldOrange der untergehenden Sonne. Ich lese, laufe zig Kilometer an den Stränden entlang. Stapfe durch den weichen Sand, bin irgendwann groggy, abgefüllt mit Sauerstoff und dem Wesentlichen - die Natur um mich herum.
Die Wolkendecke wurde zurückgeschoben, die Sonne strahlt und wärmt, das Wasser ist ruhig, still, man kann sich darin spiegeln.
Und da passiert’s: Die Seele braucht kein Make up. Tränen laufen vor Glückseligkeit.
Ich kann mit mir alleine sein. Wahrhaftig, wesentlich. Still, einfach, genussvoll, amüsiert, irre gut, reich.
Jetzt weiß ich, weshalb es mich an die Ostsee zog.
Unser Leadership Retreat wurde zwar wegen Covid19 wieder abgesagt- aber ich hatte mein ganz eigenes Retreat. Verdammt gut.
Es schaukelt noch sanft in mir und die Muscheln in meiner Hand sind mein Anker. Nach dem Motto, das Gras wächst auch nicht schneller, wenn man dran zieht. Fokus aufs Wesentliche- der Anfang ist JETZT. Let's celebrate life und Herzensdank für die Einladung!